VDE-Studie Elektromobilität: Zweckoptimismus oder realistische Einschätzung?
VDE-Studie: Deutschland in E-Mobility führend
Elektromobilität: Zweckoptimismus oder realistische Einschätzung?
63 Prozent der vom VDE befragten sind davon überzeugt, dass Deutschland bis zum Jahr 2020 führend im Bereich E-Mobility werden kann. Das ist eine der wichtigen Kernaussagen der VDE-Studie »E-Mobility: Technologien - Infrastruktur - Märkte«.
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Technologiefelder, die laut VDE-Studie von der E-Mobility profitieren werden
Und diese Studie darf sicherlich als repräsentativ gelten, denn der VDE hat dafür eine Umfrage unter seinen 1.300 Mitgliedsunternehmen, Hochschulen und 1.000 Verbrauchern durchgeführt. Alle wurden gefragt, wie sie die Chancen und die Herausforderungen der Elektromobilität für den Standort Deutschland beurteilen. Das Ergebnis etwas vereinfacht: Deutschland hat durchaus Chancen, hier führend zu werden, allerdings muss dafür noch einiges auf den Weg gebracht werden - was wiederum auch die Politik zum Handeln auffordert.
Die Automobilindustrie inklusive der Zulieferindustrie spielt bekanntermaßen eine sehr wichtige Rolle für die Wirtschaft und den Arbeitsmarkt in Deutschland, immerhin arbeiten laut VDA irgendetwas zwischen 700.000 und 750.000 Menschen in Deutschland in der Automobilindustrie. Dementsprechend ist es nur natürlich, dass auch dem Thema »Elektromobilität« eine enorme Bedeutung beigemessen wird. Und das auch deshalb, weil erstmals ernsthaft befürchtet wird, dass Deutschland seine bislang technologisch führende Stellung in der Automobilindustrie mit der Elektromobilität verlieren könnte - größter Gegner dabei ist das Land der Mitte. Laut einer Roland-Berger-Studie aus dem Jahr 2009 (»2020 Powertrain«) verfügt China über Standortvorteile, die sich in Kostenvorteilen von rund 30 Prozent gegenüber westlichen Industriestaaten niederschlagen würde. Hinzu kommt noch, dass China direkten Zugriff auf den Rohstoff Lithium hat und auch selbst einen enormen Markt darstellt, den es zu erobern gilt.
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Wirtschaftliche und gesellschaftliche Potentiale der Elektromobilität
Elektromobilität wiederum bedeutet auch, dass die Elektro- und Informationstechnik zunehmend wichtiger werden. So kommt das Bundesministerium für Bildung und Forschung zu folgender Analyse: »Etwa 90 Prozent aller ’echten‘ Innovationen im Automobil (im Unterschied zu Detailverbesserungen) gehen auf das Konto elektronischer Systeme. Bei hochwertigen Modellen liegt der Anteil an der Wertschöpfung bereits bei 35 Prozent. Dieser Trend wird sich verstärken, insbesondere vor dem Hintergrund der zunehmenden Elektrifizierung von Fahrzeugantrieben bis hin zum reinen Elektroauto.« Konkret erwarten führende Experten weltweit, dass der Wertschöpfungsanteil bei Elektrofahrzeugen für den individualisierten Personenverkehr durch die Batterien und das elektrische Antriebssystem inklusive Leistungselektronik auf 70 Prozent steigen wird.
Neben der positiven Einschätzung der Chancen Deutschlands in der Elektromobilität zeigt die VDE-Studie aber noch etwas anderes: Die Erwartungen, die an die Elektromobilität geknüpft werden, sind ziemlich groß. So erwarten zum Beispiel 71 Prozent der Befragten eine Technologieführerschaft der Unternehmen; 69 Prozent wiederum glauben, dass der Wirtschaftsstandort allgemein gestärkt wird; für fast alle Befragten sind die Elektromobilität und die Konvergenz des Strom- und Verkehrsnetzes wichtige Standortchancen; drei Viertel versprechen sich vom Trend zur Elektromobilität besonders starke Standortimpulse; fast 80 Prozent der Bundesbürger sind der Überzeugung, dass deutsche Unternehmen mit Elektromobilen international ähnliche Erfolge erzielen können wie mit konventionell betriebenen Fahrzeugen; annähernd zwei Drittel der VDE-Mitgliedsunternehmen und Hochschulen halten es für ein realistisches Ziel, bis 2020 eine Million Elektroautos auf deutsche Straßen zu bringen und, und, und. Das eigentlich Bemerkenswerte an den sehr hohen Erwartungen ist aber, dass diese mit einer eher ernüchternden Beurteilung der jetzigen Situation einhergehen. Denn knapp 50 Prozent der VDE-Mitglieder sehen derzeit Japan an der Spitze der E-Mobility und nur 41 Prozent der Befragten wiederum trauen Deutschland zu, bis 2020 den Sprung an die Weltspitze zu schaffen.
Der Optimismus der 41 Prozent beruht auf der Tatsache, dass die deutsche Industrie in manchen, für die Elektromobilität wichtigen Bereichen bereits heute über eine gute Ausgangsposition verfügt.
So erklärt Dr.-Ing. Joachim Schneider, Präsident des VDEs, dass Deutschland derzeit noch führend in der Elektro- und Automobiltechnik sei und eine sehr gute Technologieposition etwa in der Antriebstechnik und Leistungselektronik innehat. Auch bei den für die Elektromobilität entscheidenden Technologien wie Smart Grids, Mikroelektronik, Embedded Systems sowie der IT-Systemkompetenz gibt seiner Meinung nach die Forschung und Entwicklung in Deutschland auf internationaler Ebene zumindest den Ton mit an.
Schneider warnt aber auch, dass neue Marktteilnehmer wie eben China in sehr kurzen Zeiträumen bereits deutliche Erfolge erreicht hätten und erklärt: »China hat erkannt, dass es den Technologierückstand bei klassischen Automobilen nur schwer aufholen kann und konzentriert sich daher auf Elektromobilität. Das Land der Mitte will bis 2015 3,3 Mrd. Euro in Forschung und Entwicklung im Bereich E-Mobility investieren, ein Vielfaches von dem was Deutschland bereit stellt.«
Wobei China noch nicht einmal die Region darstellt, die das meiste Geld in die Elektromobilität steckt, vielmehr ist die US-Regierung Spitzenreiter bei der Förderung und zwar mit einem knapp 20 Mrd. Euro schweren Subventionspaket - zu diesem Schluss kam zumindest Roland Berger in seiner Studie. Nur um das Ungleichgewicht in voller Gänze zu verstehen: In Deutschland stellt ein Industriekonsortium im Rahmen der Innovationsallianz »Lithium-Ionen-Batterie - LIB 2015« (2007) 360 Mio. Euro für Forschung und Entwicklung bei Lithium-Ionen-Akkus bereit. Die Förderprogramme im Rahmen des Konjunkturpakets II (2009) wiederum beinhalteten 500 Mio. Euro für Projekte in 15 unterschiedlichen Themengebieten.
Dabei ist in der Studie auch zu lesen, dass es für den Erfolg in der Elektromobilität ganz entscheidend sei, die richtigen Forschungsprojekte anzustoßen und finanziell zu unterstützen. Dies gilt insbesondere mit Blick auf die Speichertechnologien. Denn hier ist Deutschland eindeutig im Hintertreffen. Das sieht übrigens auch die Mehrheit der Befragten in der VDE-Studie so, wobei fasst alle genau hier die größten Herausforderungen beim Ausbau der Elektromobilitätsehen. Nur etwa jedes zehnte VDE-Mitgliedsunternehmen spricht Deutschland bei den Speichertechnologien (Batterien, Akkumulatoren) überhaupt eine gute Ausgangsposition zu. Und nur die Hälfte der Befragten glaubt denn auch, dass Deutschland die Rückstände bei der Entwicklung und Produktion moderner Batteriesysteme noch aufholen kann. Wobei die westlichen Unternehmen laut VDE im BeEine reich aktiver Batteriematerialien durchaus eine wichtige Stellung innehaben, die japanischen und koreanischen Akteure dominieren aber die Herstellung von Batteriezellen. Aber auch hier würden die chinesischen Mitbewerber dank umfangreicher staatlicher Unterstützung und ihrem lokalen Zugang zu wichtigen Rohstoffen rasch aufholen.
Wobei diesem Bereich sowieso umfangreiche Umwälzungen prognostiziert werden. So spricht Roland Berger in seiner bereits erwähnten Studie von einer Bereinigung im Batteriemarkt, was schlussendlich dazu führen soll, dass im Jahr 2020 weniger als zehn Unternehmen weltweit den Markt für Batteriezellen unter sich aufteilen.
In einem Punkt sind sich die Befragten, wie oben bereits angedeutet, einig: Ohne gemeinsame Aktivitäten kann Deutschland beziehungsweise Europa nur verlieren. Konkret sprechen sich 93 Prozent der Experten für eine konzertierte Aktion von deutscher Industrie und Forschung aus. Dabei messen fast drei Viertel der Befragten der branchenübergreifenden Zusammenarbeit der Elektro- und Automobilindustrie eine große Rolle bei. Außerdem halten 89 Prozent der VDE-Mitglieds-unternehmen und Hochschulen staatliche Fördermaßnahmen, Feldversuche und Pilotprojekte für nötig, damit Elektroautos eine schnelle Marktdurchdringung erreichen. Dass die Förderung für E-Mobility in Deutschland/EU geeignet ist, die Technologieführerschaft zu erreichen, glauben sechs von zehn Befragten. Allerdings kennt nur jeder Vierte (24 Prozent) die Aktivitäten von Bundesregierung und EU zur FuE-Förderung in der Elektromobilität.
Schneider abschließend: »Auf europäischer Ebene gilt es deshalb, durch eine enge Verzahnung der Forschungs- und Industriepolitik den Standort zu stärken. Außerdem müssen auf dem heimischen Markt verlässliche Rahmenbedingungen zur Standortsicherung geschaffen werden. Vorraussetzung dafür sind infrastrukturelle Maßnahmen, aber auch steuerliche Anreize.«
Schneider ist grundsätzlich der Überzeugung, dass die Elektromobilität dem Standort Deutschland große Chancen bietet, die es zu nutzen gelte. So ermögliche sie es, Klimaschutz, Ressourcenschonung und Industriepolitik sinnvoll miteinander zu verbinden. »Durch die Elektromobilität lässt sich beispielsweise die volatile Einspeisung von Strom aus dezentralen, regenerativen Energiequellen - vor allem Windenergie - mithilfe intelligenter Netze und Stromzähler - Smart Grids, Smart Metering - mit den mobilen Speichern der Elektroautos puffern. Eine solche Systemlösung wäre das nächste Exportmodell made in Germany.«
Der VDE hat in den folgenden vier Punkten die Positionen und Forderungen des Verbandes für die Fortentwicklung der Elek-tromobilität zusammengefasst:
- Neue Technologie-Leitmärkte erfordern von allen zusätzliche Anstrengungen für mehr Nachwuchs in MINT-Berufen. Die Ingenieurlücke muss geschlossen werden.
- Wir brauchen dringend eine EU-weit abgestimmte industrielle Förderung pro Schlüsseltechnologien beispielsweise in der Mikroelektronik und bei Embedded Systems.
- Eine international harmonisierte Normungs-Roadmap ist die entscheidende Voraussetzung für die schnelle Marktdurchdringung von E-Mobility.
- Der Investitionsstau beim Ausbau der Strom- und IKT-Netzinfrastruktur ist durch effiziente Rahmenbedingungen und starke Anreize aufzulösen.
Weiterführende Links:
- Blog von Dieter Treytnar, edacentrum GmbH, DE
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